Page 306 - Chronik Pegnitz
P. 306

44
               Kinder auch in Pegnitz üblich war 12. VIII. 1776 (vgl. 2.Teil II 1 ), des Gewit-
                                           93a
               terläutens 13. VIII. 1783 ) u. dgl. Andre Verbote, wie die gegen das Johannis-
               feuer, die Sternsänger, das Fitzeln usw. 1786, 87, 89 gerichteten, hatten nur vor-
               übergehend Erfolg47).
                      Ein Schandfleck aber haftete an dem Andenken des Markgrafen Alexander
               den auch der Hinweis auf die Anschauungen der damaligen Zeit und auf das
               gleiche  Verfahren  andrer  deutscher  Fürsten  nicht  auszulöschen  vermag:  der
               U n t e r t a n e n s c h a c h e r , wovon sich der Markgraf selbst durch die
               ernsten Vorstellungen seines Verwandten, Friedrichs des Großen, nicht abhal-
                        92
               ten ließ ).
                      Auf Grund eines Vertrags vom 1./13. II. 1777 stellte der Markgraf den Engländern 2
               Regimenter Infanterie (von denen jedes 1 Grenadier- und 4 Füsilierkompanien hatte und 570
               Mann zählte, das Bayreuther dem Obersten v. Voit 1778 dem Maior und seit dem V. 1778
               dem Major und späteren Obersten Seybothen, das Ansbacher aber dem Obersten v. Eyb und
               seit  dem  V.  1778  dem  Obersten  v.  Voit  unterstand),  101  Jäger  (unter  dem  Hauptmann  v.
               Cramon, später unter dem Hauptmann v. Waldenfels) und 44 Artilleristen (unter dem Haupt-
               mann Nikolaus Friedrich Hofmann), insgesamt 1285 Mann, um 783.000 fl., die er zur Tilgung
               seiner Schulden verwendete93), zur Verfügung. Es waren das nach englischem Urteil lauter
               junge sehr schöne, große und wohlgebaute Leute, die ihre guten Waffen. Vortrefflich hand-
               habten, sehr gut und ausdauernd im Marsch und so genau in ihren Übungen waren, „daß
               kaum eine Uhr besser gehen kann“, und die in ihrem schmucken Waffenkleide (blaue Röcke
               mit roten Aufschlägen und gelber Weste) Bewunderung erregten, kurz – eine herrliche Schar.
               „Unter Heulen und erbärmlichen Schreien der Abschiednehmenden“ brach der Bayreuther
               Teil am 28. II. 1777 nach Ansbach auf; am 7. III. rückten sie dort mit den Ansbacher Söld-
               lingen nach Ochsenfurt ab, von wo sie, nachdem ein Aufstand unterdrückt war (10. III.), bei
               dem 2 erstochen und 4 tödlich verwundet wurden, 30 Mann des Bayreuther Regiments aber
               entliefen, auf Schiffen den Main und den Rhein hinab nach Portsmouth (wo sie am 2. IV. an-
               kamen) und von da auf 17 Segelschiffen nach New-York geschafft wurden, wo sie am 3. VI.
               1777 landeten. Hier sollten sie unter englischem Oberbefehle die Freiheitsbestrebungen der
               Amerikaner unterdrücken. Ihnen folgten mehrfache Nachschübe: i. J. 1777 noch 318, am 20.
               I. 1779: 157, 1780: 152, 1781: 205 und 1782: 236, alles in allem sonach aus beiden Fürsten-
               tümern 2353 Mann, die sich nach englischem Urteil überall tüchtig und tapfer zeigten. Ohne
               ihren Zweck erreicht zu haben (denn sie wurden mit dem ganzen englischen Heer unter dem
               General  Lord  Cornwallis  am  19.  X.  1781  bei  Yorktown  von  dem  amerikanischen  General
               Washington  gefangen),  kehrten  1183,  die  am  4.  VIII.  1783  in  Amerika  wieder  eingeschifft
               wurden und am 19. IX. in Ritzebüttel gelandet waren, am 20. XI. 1783 in die Heimat zurück.
               Die anderen hatten jenseits des Meeres eine Versorgung oder, namentlich durch Krankheiten,
               ihr Grab gefunden94).
                      Am 21. V. 1788 wurden wieder 1500 Mann in holländischen Sold gegeben48).
                      Von den dabei sich abspielenden Vorgängen gibt uns Schiller (in „Kabale
               und  Liebe“  II,  2,  wozu  Markgraf  Alexander  das  Muster  geliefert  zu  haben
               scheint) ein ergreifendes Bild. Es fällt uns schwer, zu glauben, daß noch vor 1 ½
               hundert  Jahren  eine  solche  Auffassung  des  Verhältnisses  zwischen  Fürst  und
               Volk möglich war; wir begreifen aber auch, warum die Gedanken des großen
               blutigen französischen Staatsumsturzes einen so fruchtbaren Boden fanden.
                      Alexander hatte ebenfalls keinen Sohn. Mit ihm war der fränkische Zweig
               des Hohenzollern-Stamms überhaupt ausgestorben. Bereits bei Lebzeiten hatte
               der  Markgraf  auf  Grund  eines  Vertrags  vom  16.  I.  1791  seine  Länder  an
                                     95
               Preußen abgetreten ). Auf seiner Reise nach England legte er nun zu Bordeaux
               am 2. XII. 1791 die – wie er sich selbst bestätigt – nicht ohne Ruhm und Segen


                                                           304
   301   302   303   304   305   306   307   308   309   310   311