Page 305 - Chronik Pegnitz
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Gerechtigkeit für ganz unerschwingliche Summen verkauften“. Unter diesen
Menschen tat sich außer dem fürstl. Leibarzt Schröder hauptsächlich der einem
alten Thüringer Geschlecht entsprossene Kammerherr Johann Christian Trütz-
schler v. Falkenstein hervor, ein Ränkeschmied, wie wir ihn uns nur an einem
kleinen Hofe jener Zeit vorstellen können. Er verstand es, alle ihm im Wege ste-
henden Männer rücksichtslos beiseite zu drängen und sich in dem jungen Alter
von 27 Jahren zu den höchsten Ämtern emporzuschwingen, die er dann mit
schamlosem Eigennutz ausbeutete. Ja sein Einfluß war so groß, daß er dem
schwachen Fürsten das schriftliche Versprechen zu entlocken vermochte, nichts
ohne Trützschlers Wissen vorzunehmen, und daß ohne seine Erlaubnis niemand
bei dem Fürsten vorgelassen wurde. In der Sucht, seine Macht noch zu erhöhen,
schmiedete Trützschler mit Vorwissen des Ansbacher Markgrafen, des voraus-
sichtlichen Erben unsres Lands, den verwegenen Plan, den Fürsten wegen
angeblichen Blödsinns gefangenzusetzen und zum Abdanken zu zwingen, ein
Plan, der jedoch verraten wurde und deshalb mißlang. Trützschler wurde
daraufhin am 16. VII. 1768 verhaftet, aller Ämter und Würden entkleidet und
auf die Plassenburg in engsten Gewahrsam gebracht. Aber schon im XII.
glückte es ihm, auf seinen Oberamtssitz Schnabelweid (unser Amt mit dem zu
Osternohe hatte er sich nach dem Tode des Reichsgrafen v. Ellrodt – 1. I. 1767
– verschafft) entlassen zu werden. Nach dem Tode des Fürsten wurde die Unter-
suchung eingestellt, und Trützschler erhielt am 27. I. 1769 seine volle Freiheit
wieder, mußte sich aber, da das ganze Ministerium aufgehoben wurde, mit
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seinem Oberamt begnügen ).
Am 20. I. 1769 war auch Friedrich Christian ohne männlichen Nachkom-
men gestorben und die Bayreuther Linie der Hohenzollern abermals erloschen,
und unser Fürstentum fiel wieder (nun schon zum dritten Mal) an Brandenburg-
Ansbach, dessen Markgraf C h r i s t i a n F r i e d r i c h K a r l A l e x a n -
d e r am 17. V. 1769 die Herrschaft in Bayreuth antrat. Aus seiner Zeit sind die
Jahre 1770 und 1771 unvergeßlich. Die geringe Ernte des Sommers 1770 war
fast schon vor dem Beginne des Winters aufgezehrt, und im nächsten Jahre war
durch das vom 3. VI. bis zum 2. IX. anhaltende Regenwetter und die andauernde
Kälte wiederein solcher Mißwachs entstanden, daß die größte N o t und T e u -
e r u n g herrschte. Man suchte ihr bei uns durch die Errichtung eines Getreide-
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lagerhauses zu steuern ); die Nachbarländer glaubten, in gegenseitigen
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Ausfuhrverboten für Lebensmittel hiegegen Hilfe zu finden ). Zu dieser Not
gesellte sich dann noch eine verheerende S e u c h e , die Ruhr 90a ). – Die
Erdäpfel, die bis dahin meist nur als Viehfutter Verwendung gefunden hatten (s.
Anm. 4), sind damals durch den Hunger zu ihrem Ansehen gebracht worden.
Erst die reichliche Ernte des Jahrs 1772 machte dem Notstand ein Ende. – Am
11. VII. 1775 verwüstete ein starkes Hagelwetter die P e g n i t z e r Fluren fast
gänzlich und richtete auch an Gebäuden durch Zerschlagen der Fenster vielen
Schaden an. Ebenso war es in Bronn, Lindenhard, Schnabelwaid und Creußen.
Dem letzten Markgrafen verdankte das Bayreuther Fürstentum u. a. die
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Errichtung einer Branndversicherungsanstalt (14. VI. 1770) ) und die
Abschaffung einiger alten Mißbräuche, wie der Leichenbestattung in Kirchen,
die bisher für Geistliche, Amtleute und Adlige sowie für deren Frauen und
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