Luftschutzkeller

In der Stadt gab es zwei Luftschutzstollen. Beide sind heute kaum mehr bekannt. Einer lag auf dem Gelände der Amag (KSB), der andere in der Lohesiedlung. Zu beiden fand der Experte für den heimischen Bergbau, Jörg Wettengel, noch Unterlagen. Hier zunächst ein Blick auf den Stollen im Ebersfelsen, einer harten Dolomitwand am Ende des Wilhelm-Raabe-Wegs, auf dem Gelände des Kaninchenzuchtvereins.

Luftschutzkeller

Jörg Wettengel in dem kurzen Teil des Stollens, der damals in den Fels gesprengt wurde. Heute lagert hier Alfred Neubauer vom Kaninchenverein sein Gemüse winterfest ein. Im Sommer dient der Raum als kühler Getränkekeller.
Foto: Foto: Th. Knauber

Jörg Wettengel fuhr ins Bamberger Staatsarchiv, wo die Pegnitzer Pläne landeten, und nützte alle seine Kontakte, um mehr über diesen Stollen herauszufinden. In Deutschland gibt es rund 100 Fachleute für diesen Bereich („sie kennen sich alle“). Als er einiges beieinander hatte, fuhr er zu den Kaninchenzüchtern und ließ sich von Alfred Neubauer zum Stollenmund führen — und winkte enttäuscht ab: Dieses kleine „Loch“, das nur ein paar Meter weit in den Fels reichte, konnte nicht der gesuchte Stollen sein. Denn der musste viel weiter vorangetrieben worden sein, wie die Dokumente berichten.

Aber so genau Wettengel die Felswand auch absuchte, es gab keinen anderen Stollen. Also erzählten seine Unterlagen von einem Wunschdenken, das nie Wirklichkeit war.

Denn geplant war eine Stollenlänge von 118 Meter mit Platz für über 700 Menschen, im Notfall 750. Der Betriebsplan von 1944 sprach von 354 Quadratmetern Fläche und 708 Menschen (auf jedem Quadratmeter sollten zwei Menschen Platz finden). In einem Schreiben der Stadt an das Bergamt Bayreuth vom 31. Mai 1944 wurden die Beamten von den Plänen unterrichtet. In dem Schreiben heißt es: „Der Luftschutzstollen wird in Gemeinschaftsarbeit ausgeführt. Die Sprengarbeiten sind dem Schießmeister Kästl der Gewerkschaft Kleiner Johannes zu übertragen. Träger des Stollenbaues ist die Stadt Pegnitz.“

Am 3. Juni 1944 erläuterte das Rathaus dem Bergamt Näheres: „Die etwa 1200 Einwohner, bestehend aus 126 Siedlerstellen des Werkes ,Kleiner Johannes‘ und des Nachbarbetriebes Amag-Hilpert, aus 150 Volkswohnungen der Wohnungs-AG der Hermann-Göring-Werke, sind im Benehmen mit dem örtlichen Luftschutzleiter Bürgermeister Remmel darangegangen, einen Luftschutzstollen zu bauen. Die Arbeiten sind bereits seit einigen Wochen in Gang und werden in Gemeinschaftshilfe ausgeführt. Nachdem die Arbeiten dort sehr langsam vorangehen, hat sich das Werk auf Antrag des Betriebsobmannes und des Siedlergemeinschaftsleiters entschlossen, den Stollenbau durch Abstellung von 4 Hauern (des Kleinen Johannes) rascher voranzutreiben.“ (Bericht und Bild NN v. 26.01.2016).

Luftschutzstollen der AMAG-Pegnitzhütte, heutige KSB

Nur mehr wenigen Pegnitzer wissen dass neben dem Luftschutzstollen in der Lohesiedlung ein weiterer auf dem Gelände der heutigen KSB existierte. Nachforschungen im Staatsarchiv Bamberg und im Bergamt Bayreuth gaben Aufschluss über die Geschichte des Bauwerkes.

Am 06. Mai 1944 berichtete die Pegnitzhütte (heutige KSB) der Berginspektion Bayreuth (heute Bergamt Bayreuth), dass am Montag dem 08. Mai 1944 der Bau eines Luftschutzstollens auf dem Gelände der Pegnitzhütte zum Schutz der Belegschaft vor Luftangriffen beginnt.

Für die Aufsicht werden die Bergleute Mösbauer, Pfab, Lorenz und Schwindl der Eisensteinzeche Kleiner Johannes genannt. Die weitere „Gefolgschaft“ besteht aus den Herren Kaul, Zitzmann, Trettner, Schwindl, Bauernfeind, Meyer, Conte und Babilotta. Auch Kriegsgefangene wurden dort als beschäftigte genannt, es sind die Herren Picard, Tischen, Poupard, Horloga, Kamerow, Merkasow, Aleksew, Sielewanow, Poluschkin und Agramenko.

Verantwortliche Aufsichtspersonen für den Luftschutzstollenbau sind die Herren Dipl.Ing. Blendinger und Obersteiger Schappele der Gewerkschaft Kleiner Johannes.
Da die „Gefolgschaft“ unter Tage beschäftigt war wurde der Antrag zur „Anerkennung als Schwerstarbeiter“ gestellt, was zum entsprechenden Bezug von Lebensmittelmarken und somit der besseren Verpflegung diente.

Um den Stollenbau zu beschleunigen wurde wie im Bergbau üblich im 3-Schichtbetrieb gearbeitet. Die erste Schicht von 6.30 Uhr bis 14.30 Uhr, die zweite Schicht von 14.30 Uhr bis 22.30 Uhr und die dritte Schicht von 22.30 Uhr bis 6.30 Uhr.
Der Luftschutzstollen wurde am 16. September 1944 fertig gestellt. Über eine Nutzung während des Krieges ist derzeit nichts bekannt.

Die Anlage geriet dann wohl in Vergessenheit oder vielleicht wollte man sich in den Jahren nach dem Krieg auch nicht daran erinnern, aber unterirdische Hohlräume machen sich irgendwann bemerkbar.

So kam es 1955 zu Tagesschäden was einem Schreiben vom 10.September 1955 von der AMAG an das Bergamt Bayreuth zu entnehmen ist. Hier heißt es:
„Zum Schutz der Belegschaft vor Luftangriffen wurde 1944 im nördlichen Teil unseres Werksgeländes ein Luftschutzstollen aufgefahren. Die Aufsicht erfolgte damals von der Gewerkschaft Kleiner Johannes. Wir bitten um eine Befahrung durch das Bergamt da Stempel defekt sind.“

Dem Plan ist zu entnehmen das der Stollenquerschnitt 2 x 2m mit Wasserseige beträgt und der Ausbau mit Holzstempeln mit einem Durchmesser von ca. 25cm und Kappen aus 100mm Stahlträger besteht. Welche Maßnahmen 1955 zur Sicherung des Stollens durchgeführt wurden ist unklar, aber es handelte sich nicht um die letzten Probleme mit dem Stollen. Die Verantwortlichen der KSB und dem Bergamt Bayreuth mussten sich am 15. März 1972 zu einer Lagebesprechung treffen da der Neubau der Modellwerkstatt im Bereich des Luftschutzstollens erfolgen sollte. Es waren die Herren Oberregierungs-Bergrat Hartmann vom Bergamt Bayreuth, Oberbaurat Stenzel von der LGA Nürnberg, der Architekt Glückstein, der Bauunternehmer Großkopf sowie die Herren Seis, Popp und Sebald der KSB.

Die Herren waren sich einig darüber dass die Verfüllung des Stollens im Bereich der Unterkellerung völlige Sicherheit bringen würde. Zu den nicht Unterkellerten Bereichen gab es zwei Vorschläge. Der erste, von der LGA Nürnberg sah vor 8 Löcher von 200 bis 250mm Durchmesser in geeigneten Abständen bis in den Stollen hinunter zu Bohren und diesen dann über diese Löcher mit Beton zu verfüllen. Der zweite Vorschlag, vom Bergamt Bayreuth sah vor „einen Schacht mit Brunnenringen bis zur Stollensohle zu treiben“. Anschließend sollte der teilweise verfallene Stollen wieder bergmännisch aufgewältigt (ausgeräumt) und ausgebaut (abgestützt) werden um eine Ordnungsgemäße Verfüllung bis zur Firste (Stollendecke) zu ermöglichen.

Nach Abwägen von Vor- und Nachteilen zwischen beiden Vorschlägen wurde Variante 2 gewählt. Diese bietet eine bessere Möglichkeit den Zustand des Stollens zu erkunden und eine Befahrung bis in den Bereich der Bauschreinerei, bei der ebenfalls Baumaßnahmen geplant waren, durchzuführen.

Die Aufwältigungsarbeiten wurden durch die Firma Großkopf mit 2 Bergleuten die vom Bergamt Bayreuth vermittelt wurden (von der Grube Auerbach), am 20. März 1972 begonnen. Die Fachliche Verantwortung wurde der Eisenwerk-Gesellschaft Maximilianshütte mbH, Grubenverwaltung Auerbach übertragen. Hier werden die beiden Herren Bergassessor Dr. Johannes Pfeufer, Bergwerkschef der Grube Auerbach und Johann Hüttner, Fahrhauer der Grube Sulzbach genannt.

Die genaue Planung sah vor, zuerst einen 9m tiefen Schacht mit 2m lichtem Durchmesser in ca. 1m nordöstlicher Entfernung des Stollens abzuteufen. Anschließend sollte ein Durchschlag der niveaugleichen Schachtsohle zum Stollen erfolgen. Danach sollte die Sanierung des Stollens erfolgen.

Das Abteufen des Schachtes soll bis etwa 6m mit einem Hydraulikgreifbagger erfolgen, ist das Haufwerk mit der Hand in ein „Gefäß mit Bodenentleerung“ zu schaufeln. Das Gefäß wird mit einem Bagger herausgezogen. Der Ausbau des Schachtes ist mit Stahlringen (U-Eisen) im Abstand von 80cm und 1m langen Brettern vorgesehen. Die Durchörterung, also die Verbindung des Schachtes mit dem alten Stollen, wurde mit Eisenscheinen S54 (bedeutet 54Kg pro Meter Schiene, was eine Kenngröße über die Festigkeit von Gleisen ist) als Kappen und Holzstempeln im Deutschen Türstock ausgebaut. Die Arbeitszeit betrug 8 Stunden, von 7.00 bis 15.00 Uhr.

Aufschluss über den Zustand des Stollens und dem Fortschritt der Arbeiten gibt uns der Befahrungsbericht von Herrn Hartmann des Bergamtes Bayreuth vom 02. April 1972:

„Der Unterzeichnete hat am 02.04.1972 die Luftschutzkellersanierung der KSB befahren und dabei festgestellt, dass erhebliche Teile der vom Fundament der neuen Halle überdeckten Luftschutzstollen bis zu einer Höhe von 1,30m bis 1,40m mit hereingebrochenem lockerem Bergematerial verfüllt worden ist. Der Firstverzug liegt in einer Höhe von 2,00m bis 2,20m über der betonierten Sohle.

Die von anderen Stollenteilen eingebrachten Massen waren stark aufgelockert. Nach der Befahrung wurde dies mit den Personen der KSB erörtert und darauf aufmerksam gemacht, dass die eingebrachten Bergmassen vom Auflagedruck ca. 30-40cm zusammen gedrückt werden; ferner, dass beim Einbringen des Flüssigbetons ohne Beseitigung der vorhandenen Luft in den Firstauskolkungen und in den Hohlräumen zwischen Verzug und Firste weitere Setzungen in Größenordnungen von etwa 20-30cm wahrscheinlich sind, so dass insgesamt eine Setzung der Erdoberfläche um ca. 60cm bei der Durchführung der nun schon begonnenen Maßnahmen zu befürchten sei. Man hätte nach Ansicht des Unterzeichneten doch vielmehr, wenn man schon aus Kostenersparnisgründen die eingebrochenen Massen nicht nach über Tage befördern will, diese an eine Seite des Stollens verteilen können , so dass der eingebrachte Flüssigbeton sich mit seinem Fuß auf die betonierte Sohle hätte abstützen können. Auf diesen Vorschlag wurde nicht näher eingegangen, im Gegenteil angeführt, dass man glaube mit dem jetzt in Angriff genommenen Maßnahmen ohne eine Setzung des auf 15m Durchbiegelänge berechneten Fundamentes auszukommen, selbst unter der Annahme, dass das Erdreich unter dem Fundament einiges nachgibt. Im übrigen sei eine Setzung in der Halle und auch außerhalb der Halle von geringer Bedeutung, da man ja den Fußboden der Halle und auch die Straße jederzeit leicht auffüllen könne. Unter diesen Voraussetzungen hat der Unterzeichnete seine Bedenken gegen den schon fertigen Teil der Sanierungsmaßnahmen zurückgestellt.“

Im Klartext bedeutet dieses dass der bereits zum Teil eingefallene Stollen im Bereich des Neubaus nicht Standfest gesichert werden musste da die Fundamentriegel so stark ausgelegt wurden dass die gefährdeten 15m ähnlich einer Brücke überspannt wurden. Mögliche kleinere Senkungen innerhalb und Außerhalb der Halle wurden in Kauf genommen.

Nach gut einem Monat, am 24. April 1972, wurde der aktuelle Stand der Sanierungsarbeiten von der Maxhütte (Herrn Dr. Pfeufer) dem Bergamt Bayreuth mitgeteilt. Es wird berichtet dass bei der Befahrung der alten Stollenanlage am 17. April die weitere Vorgehensweise besprochen wurde. Es wurde festgelegt dass im Stollen im Abstand von 6-7m Dämme errichtet werden und diese rückwärts mit B160-Magerbeton verfüllt werden. Der Beton wurde mit einer Betonpumpe mit einer Förderleistung von 50m³/h von der Firma Vetterl in Michelfeld eingebracht.

Unterlagen über die Fertigstellung sind nicht bekannt, die Anlage ist aber seit 1972 als verfüllt zu betrachten. (Bericht: Jörg Wettengel, im März 2016)